„Wir müssen reden“ mit Christina Mrosek

Wir müssen reden!
Ein Raum mit einer langen, sorgfältig gedeckten Kaffeetafel. Teller, Tassen mit Untertassen, Löffel, Kuchengabeln, Servietten, auf einem reinen, weißen Tischtuch. Der lange Tisch, der Platz für gut 16 Personen geben könnte, stapelt sich mit seiner einen Hälfte senkrecht an Wand hoch, ohne Rücksicht auf das gedeckte Porzellan. Das Porzellan ist hier heruntergestürzt und zerschlagen, die Tischdecke vom Tisch gerutscht. Teile liegen auf der noch waagerecht stehenden Tafelhälfte, Teile liegen auf dem Boden. An den Wänden des Raumes hängen Brustbilder wie sie in herrschaftlichen Häusern von Ahnen zu finden sind, hier von wütenden Kindern. Sie blicken finster auf die Szene.

Gunilla Jähnichen und Christina Mrosek hinterfragen mit ihrer gemeinsam erarbeiteten Rauminstallation bestehende Machtverhältnisse.
Die Idee zur gemeinsamen Arbeit an dieser Installation kam beim Lesen einiger Texte von Rebecca Solnit.
Solnit beschreibt u.a. in Rückblicken, auf schaurig, humorvolle Weise absurde
Situationen, die das Ungleichgewicht zwischen den Gendern aufdeckt.
Sie handeln von der Wut darüber, dass dieses Missverhältnis trotz offensichtlicher Absurdität weitergelebt wird.
Die beiden Künstlerinnen laden die Besucher*innen an eine Kaffeetafel.
Die vertikale Kaffeetafel führt sich selbst ad absurdum, sie geht in die Senkrechte und stürzt das geordnete System um.

Die vertikalen Machtstrukturen, all die verunmöglichten Gespräche, Demütigungen, Be-vormundungen, Exklusion und Nicht-zu-Wort-kommen-Situationen werden gestürzt.
Die bestehenden Machtstrukturen lösen sich auf.
Am verbleibenden Platz laden wir ein zum Austausch auf Augenhöhe. Mit Blick auf den Umsturz. Denn, die paritätische Verteilung von Raum und Welt auf alle Menschen ist notwendig, um langfristig gleichberechtigt zu leben.
Die Installation fordert mit ihrer kraftvollen Geste zur Veränderung auf.
Die Idee als Team zu arbeiten ist Teil des Konzepts.
Wir entwickeln und realisieren gleichberechtigt eine Idee. Jede bringt ihre Kompetenz ein. Wir öffnen die Autorinnenschaft und erweitern sie durch die jeweils andere.
blinds – mit Zandra Harms

Mit der Ausstellungsidee BLINDS haben wir vor ca. zwei Jahren das Experiment einer künstlerischen Zusammenarbeit gestartet.
BLINDS ist das englische Wort für Jalousie. Jalousie kommt wiederum aus dem Französischen und bedeutet Eifersucht. Schützen soll die Jalousie vor dem Einblick in den privaten Raum. Sie schaffen den privaten Raum. Sie machen den Sehenden blind für das hinter dem Sichtschutz. Sie schützen ihn gleichzeitig vor der eigenen Eifersucht. Jalousien liegen zwischen dem Betrachter und dem der nicht betrachtet werden will.
Als Ateliernachbarinnen in Köln und haben Tür an Tür gearbeitet. Mittlerweile leben wir in verschiedenen Städten, Berlin und Köln. Unabhängig voneinander war der Sichtschutz Thema in unserer Arbeit. Nicht auf den ersten Blick aber subtil als tieferliegendes Element. So entstand die Idee einer gemeinsamen Ausstellung, daraus entwickelte sich die Idee einer gemeinsamen Arbeit.
So starteten wir einen Briefwechsel mit Zeichnungen. Grundlage war das alte Zeichenspiel bei dem man den Teil, den man zeichnet wegknickt und der nächste dann „blind“ weiterzeichnet, im Wechsel. Es entwickelte sich weiter, wir ließen das Wegknicken und gingen dazu über bewusst auf die Impulse der anderen einzugehen. Die Zeichnungen werden hin und her geschickt, wenn eine von uns der Meinung ist, eine sei fertig, nehmen wir sie aus dem Briefwechsel, der immer weiter läuft, bis heute.
Die Zeichnungen durchlaufen unterschiedliche Phasen, sie entwickeln sich fortlaufend. Wir stoßen an Grenzen, finden neue Lösungen, nutzen neue Materialien, setzen neue Impulse. Das ganze läuft parallel als eine Art Spiel neben unserer eigenen künstlerischen Arbeit. Interessant ist die Wechselwirkung in den Zeichnungen aber auch der Einfluss auf die eigene Arbeit.
Es ist eine stille Unterhaltung auf dem Papier, ohne Zeit- oder Ergebnisdruck. Das sieht man den Ergebnissen an, sie wirken leicht und humorvoll, unangestrengt. Dennoch nehmen wir die Arbeit ernst, so wie wir uns als Gegenüber ernst nehmen. Wir schätzen die Inhalte und Reaktionen der anderen. Gleichzeitig fordert die Arbeitsweise auf, sich zu positionieren, im Werk, in der Idee der anderen. Diese Prozesse sind interessant und verändern sich fortlaufend.
BLINDS als Titel behalten wir bei, der Sichtschutz ist jedoch aufgehoben, am Ende, wenn wir zeigen, was bei unserem Austausch entstanden ist. Während der unseres Arbeitens ist er da der Sichtschutz, über die Distanz zwischen Berlin und Köln und den Umschlag in dem die neue Ladung steckt und jedes mal wieder mit Spannung geöffnet wird.

Für die Ausstellung „Stubenhocker“ mit Iris Schomaker






Predlè pohádky – ein Märchenbuch



